Am heutigen Tag ging es für uns im Semifinale um die begehrten Tickets für das große Finale am Sonntag. Neben den klaren Favoriten aus Australien und Frankreich kämpften noch die Boote aus den Niederlanden, aus Deutschland und aus Spanien gemeinsam mit uns um drei der sechs Plätze für das Finale. Es galt also mindestens Dritter zu werden, um das ganz große Glück perfekt zu machen. Leider konnten wir an die starken Leistungen in den beiden vorangehenden Läufen nicht anschließen und so reichte es heute nur für den sechsten und letzten Platz im Semifinale.
Bei deutlich schlechteren Wetterbedingungen ging es für uns heute in der Früh auf die Strecke, um noch eine Runde am Wasser zu absolvieren. Nach sehr fairen und angenehmen Bedingungen an den letzten Wettkampftagen mussten sich heute alle Boote mit einem sehr starken Mitwind zurechtfinden. Dieser war jedoch nicht für alle Bahnen gleich vorteilhaft und so kam es vor dem ersten Rennen zu einer Umverteilung der Bahnen. Die aus den Qualifikationsrennen der letzten Tage schnelleren Boote wurden der Reihe nach von Bahn 1 – 6 gereiht. Dadurch, dass der Mitwind schräg auf die Strecke einfiel, ergaben sich ganz klare Vorteile für die Bahnen 1 – 3 auf den zweiten 1000m. Das zeigte sich auch den ganzen Tag als eine Tatsache, da in fast allen Rennen die anderen Bahnen ab der 1000m – Marke chancenlos waren.
Nach unserer Abwaage wurde wieder kurz mit Carsten die wesentlichen Punkte besprochen. Am heutigen Tag würde niemand passiv bleiben und aufstecken. Jeder möchte diese Chance wahrnehmen in ein WM – Finale zu kommen. Volle Power und Konzentration ab dem ersten Schlag. Keine Kompromisse und offensiv rudern.
Gesagt,getan. Beim Aufwärmen lief alles wie geschmiert und mit gutem Gewissen fuhren wir an den Start. Attention! Go! Der Start gelang uns ganz gut und wir konnten sofort den Rhythmus finden, um mit dem Feld mitzuhalten. Von Beginn an konnten sich die Franzosen und die Australier, wie vorhin zu erwarten war, absetzen. Das restliche Feld kämpfte eisern um den letzen Platz im Finale. Bei der 1000m – Marke wollten wir wieder unseren Angriff starten und das Feld von hinten attackieren. Doch heute gelang uns das leider nicht und anstatt die Frequenz noch einmal in die Höhe zu treiben und Fahrt aufzunehmen, verloren wir uns im Wind- und Wellengetümmel. Nach nur wenigen Metern konnten wir den Anschluss zum Feld nicht mehr halten und die Geschwindigkeit unseres Bootes reduzierte sich sukzessive, während der Pulk vor uns bis aufs Blut um die Plätze im Endlauf am Sonntag kämpfte. Dadurch wurde der Abstand rasch immer größer und größer und so mussten wir uns mit dem letzten Platz zufrieden geben. Ein etwas enttäuschendes Ergebnis nach den guten Rennen zu Beginn dieser Weltmeisterschaft.
Die Weltmeisterschaft ist jedoch noch nicht zu Ende! Auch wenn wir uns vom heutigen Tag mehr erhofft hatten und man im Vorfeld mit einer möglichen Sensation geliebäugelt hat, so darf man nicht vergessen mit welchen Erwartungen wir hier in Amsterdam angereist sind. Nach einer sehr durchwachsenen Saison, wo wir vor knapp 6 Wochen in Luzern beim Weltcupfinale am Rotsee noch den letzten Platz belegt hatten, sind wir bei der WM souverän ins Halbfinale eingezogen und haben gezeigt, dass wir mit den anderen Nationen mithalten können. Niemand hätte im Vorfeld geglaubt, dass uns solche Rennen, wie im Vorlauf und Hoffnungslauf, gelingen könnten und wir mit unserer Leistung da stehen, wo wir jetzt sind. Niemand von uns hätte sich im Vorfeld herumposaunen getraut, dass wir mit einem Einzug ins A – Finale rechnen oder mehr. Für uns war das auch eine positive Überraschung, dass im Boot auf einmal alles ganz wie von selbst und leicht geht, dass sich plötzlich eine neue Tür öffnet und ein Finale auf einmal in realistischer Reichweite scheint. Doch diese Tür hat sich eben nur einen Spalt geöffnet und zu unserem Bedauern mussten wir feststellen, dass sie sich für uns für dieses Jahr geschlossen hat.
Am Sonntag geht es für uns noch im Finale B um die Plätze 7 – 12. Folgende Nationen werden um 10:53 neben uns am Start stehen:
AUT – ESP – CHN – GER – ITA – USA
Ein spannendes Rennen steht uns bevor, wo sicher niemand dem anderen Geschenke machen will. Wir sehen es als Generalprobe für die Olympiaqualifikation nächstes Jahr, wo sich die besten 11 Vierer direkt für die olympischen Spiele in Rio de Janeiro qualifizieren. Es wird sich also nicht in Selbstmitleid oder Selbstzweifel gesuhlt, sondern es werden noch einmal alle Kräfte mobilisiert und dann geht es als Team, gemeinsam, mit Vollgas ins kleine Finale.